Moderation: Silke Behl
Sprecher: Frank Arnold
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Wer ist Dieter M. Gräf?
Er sitzt zunächst eingesunken wie ein Junge auf dem Stuhl, Finger waagrecht über dem geschlossenem Mund, abwartend, unbewegt. Er liest neue unveröffentlichte Gedichte vor.
Die Gedichte
»todesargo über allem« – »Mein Gott ist ihr Ohr stark« – »Buddha entdeckte, das es keinen Gott gibt. Ich war auch schon im Hirschpark« – »Wäsche auf Pinienhöhe gehängt«.
Die Lesung
Gräf liest hervorragend, variantenreich , mit eingefärbtem ludwigshafener Dialekt, eine schöne geschliffene Sprache. Manchmal ist Gräf wie ein Schauspieler oder ein schlafendes Tier, das gerade erwacht ist, das auf Worte kaut, lebensfroh, lautmalerisch und rhythmisch.
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Oskar Pastior
ist charismatisch, witzig (fast 80jährig), zart, ein Sprach- Zauber- Künstlermensch. „Ach wie süß.“, sagt die Frau neben mir.
»Felsenpellkartoffelmus«
Sprachspiele,
z. B. über die Donau, die Endung »au«, von »geboren und begehren«, Pastior umfliesst die Sprache, tastet sie ab, was ist Bedeutung was ist der Klang der Sprache. Pastiors Betonung ist klein, einfach und höchst wirkungsvoll, dabei jiddisch eingefärbt. Die Worte sind Klangmaterial
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Gerhard Rühm
Zusammen mit Monika Lichtenfels führt er ein Sprechduett auf, mit »schauen, stehen«, abwechselnd, rhythmisch.
Und neue Prosa »Die entfesselte Küche«, Getränke, Obst, Städte, Bewohner mit entfesselter Eigenkraft in der Küche.
Gedichte aus dem schweren gelben Buch »wie trist wenn Möbel nachts von Bäumen träumen« und ein Singgedicht »Ungleiche Brüder«
Sprechduett II.
Als Abschluss wieder ein Sprechduett „Der längste Kuss“, ziemlich witzig über den Kuss der ins Guiness-Buch der Rekorde kommen will und eine Apothekerzeitschrift, die dies unterstützen will (wg. Bakterien usw.)
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István Vörös
Gedichte aus dem Band »Die leere Grapefruit«, erst auf ungarisch dann auf deutsch (von Frank Arnold gelesen).
Seine zwei Kinder
wollen den Papa unbedingt auch hören und werden später noch eingelassen.
„Alle Bettler sind verwunschene Prinzen“
Er liest leichtfüssig, lakonisch. Und Arnold wiederholt diese Lakonie noch präziser und sichtlich erfreut die Gedichte zu lesen und den Autor im Original zu hören.
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Bora Cosic
abgeklärt. Viele politische Gedichte, auch Gedichte die in Berlin spielen. Ruhig, fast »Irenas Zimmer« – »Verspätung wegen Liebe«
Cosics Seitenblicke auf Arnold, bewundert er sein Lesen?
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Jerzy Kronhold
zunächst harter Stimmenklang … dann:
»Flamme, Blitz, Geläut« – »Schön ist die tschechische Sprache, sie riecht nach Honig und Musik.«
wabenwarme Gedichte
Miniaturen, warme Gedichte.
Und Arnold ist wiederum lesender Partner des Dichters.
Beobachtungen über Deutschland. Ein Gedicht von Kronhold hörte ich schon einmal im Radio und war erstaunt, begeistert über Klang, Worte
Kronhold versinkt selbst in den Worten seiner Sprache, wird immer eindringlicher, wird zu Musik – auch hier.–
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–Tomasz Rozycki
krampfhaft umfasst er seinen Gedichtband, fast flüstert er die Gedichte, müde, liest wie für sich, eindringlich
Eindringlich
»Ich bin schon langer hier – ein bisschen schlafe ich, ein bisschen lebe ich.« – »durch den offenen Mund schaut die Seele.« – »auch die Liebe geschieht durch den Mund«
Mein Nachbar sagt »der schläft gleich ein«, finde ich aber nicht, es ist Rozyckis Art. Und je länger ich ihm zuhöre um so eindringlicher, um so schöner finde ich seine Gedichte. Harfengedichte. Vielleicht sind Rozyckis Gedichte wie der Abschied vom Sommer – der Herbst.
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Uljana Wolf
Jahrgang 1979, Gedichte
»Aufwachraum I+II«, samtene Stimme, melodiös, witzig, lyrisch, bachmannisch ohne deren Strenge und Traurigkeit zu haben. Wortspiele, rhythmisierend.
Kraft und Gewalt
Ein vierteiliger Zyklus auf Shakespeares »Titus« über die vergewaltigte Frau, deren Zunge und Arme abgeschnitten wurden damit sie den Vergewaltiger nicht nennen konnte.
»Stemmte ihre Message in den Moos.«
Und über bellende Hunde in der Nacht und über beißende Hunde.
Danke für deine Berichte vom Berliner Literaturfestival!
Toll, man ist neidisch, nicht dabeisein zu können, aber deine Berichte trösten ein wenig darüber hinweg ;-).
Pastior erlebt zu haben … wow!
Super, auch die Fotos zu haben.
Sofort möchte man in den Buchladen springen und Pastior- und Kronhold-Gedichte kaufen!